Geselligkeitskultur um 1800 - Wo sich die Romantikerinnen und Romantiker trafen und neue Lebensentwürfe entwickelten
Im unteren Stockwerk des Marburger Hauses der Romantik befindet sich der „Rote Salon", der die Geselligkeitskultur um 1800 authentisch nachstellt. Ludwig Emil Grimm, der „Maler-Bruder" der berühmten Märchensammler, schuf die Porträts derer, die hier zusammenkamen, um sich auszutauschen und sich wechselseitig anzuregen.
Die Generation der jungen Romantikerinnen und Romantiker war an neuen Denk- und Lebensentwürfen besonders interessiert. Man ersehnte Formen menschlichen Umgangs, die die häuslichen und beruflichen Sphären zusammenführten. Ziel war es, dass die vom Berufsleben ausgeschlossenen Frauen mit den Männern in gleichberechtigter Weise Geselligkeit im umfassenden Sinne lebten.
Eine „Theorie der Geselligkeit" (1799) gab der protestantische Theologe und Philosoph Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher heraus, der selbst eifriger Salongänger, insbesondere im Salon der Berliner Jüdin Henriette Herz, war.
In Deutschland galt der nachrevolutionäre Salon als eine ständeübergreifende, konfessionsübergreifende und geschlechterübergreifende Institution, die „Geselligkeit als das wahre Element für alle Bildung, die den ganzen Menschen zum Ziel hat", begriff.
Blick in den rekonstruierten Roten Salon mit den Originalporträts von Ludwig Emil Grimm und der historischen Einrichtung, die die Geselligkeitskultur um 1800 wieder aufleben lassen. © Burkhardt Schaaf
Für Marburg die bemerkenswerteste unter den vielen berühmten Salonieren. Im Forsthof in der Ritterstraße pflegte sie geselligen Umgang mit Friedrich Carl von Savigny, den Brüdern Grimm, dem Pfarrer Bang, dem Professor Weis und der Schriftstellerin Sophie Mereau. Später unterhielt sie in Berlin einen eigenen berühmten Salon.
Die berühmten Märchensammler waren regelmäßige Teilnehmer der geselligen Runden in Marburg. Ihre Verbindung zur Stadt und zum romantischen Kreis prägte sowohl ihr wissenschaftliches als auch ihr literarisches Schaffen nachhaltig.
Als Professor an der Universität Marburg und Begründer der historischen Rechtsschule war Savigny eine zentrale Figur des intellektuellen Lebens der Stadt. Seine Verbindung zu Bettina Brentano und anderen Romantikern bereicherte den geistigen Austausch erheblich.
Als eine der ersten professionellen Schriftstellerinnen ihrer Zeit brachte Sophie Mereau eine feminine Perspektive in die romantischen Diskussionen ein. Ihre Werke und ihre Teilnahme an den Salongesprächen prägten die literarische Atmosphäre Marburgs.
Der „Maler-Bruder" dokumentierte mit seinen Porträts die Teilnehmer der romantischen Zirkel. Seine Kunstwerke sind heute wertvolle Zeugnisse der Persönlichkeiten, die den Marburger Salon prägten und uns einen visuellen Zugang zu dieser Epoche ermöglichen.
Besuchen Sie den rekonstruierten Roten Salon im Haus der Romantik und tauchen Sie ein in die Atmosphäre der romantischen Geselligkeit. Die originalen Porträts von Ludwig Emil Grimm, die historische Einrichtung und die liebevoll gestalteten Details lassen die Zeit um 1800 wieder lebendig werden.
Regelmäßig finden im Roten Salon auch Veranstaltungen statt - von literarischen Lesungen über politische Diskussionsrunden bis hin zu thematischen Führungen, die die Tradition der romantischen Salons in die Gegenwart übertragen.